Was ist Lean Management? Definition und Methoden
Weniger ist mehr
Lean Management ist ein vielseitiger Managementansatz, der ursprünglich in der Automobilindustrie bei Toyota entwickelt wurde, aber mittlerweile in allen Branchen eingesetzt werden kann. Die Lean-Philosophie zielt darauf ab, Prozesse durch die Vermeidung von „Verschwendung“ zu optimieren. Im Kern steht der Gedanke, Ressourcen effizienter einzusetzen und gleichzeitig die Zufriedenheit von Kund:innen zu maximieren.
Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Prinzipien, Methoden und Vorteile des Lean Managements.
Inhalte auf einen Blick
- Lean Management – Definition
- Vorteile durch Lean Management
- Prinzipien im Lean Management – Auf dem Weg zur schlanken Organisation
- Beispiele für Verschwendung (Muda)
- Methoden im Lean Management
- Wo kann Lean Management eingesetzt werden?
- Weiterbildung im Lean Management
Lean Management – Definition
Lean Management („schlankes Management“) ist eine zielgruppenorientierte Managementphilosophie, um Prozesse effizienter zu gestalten und Verschwendung zu reduzieren. Durch gezielte Analyse der Abläufe sucht das Lean Management nach Verbesserungsmöglichkeiten in der Wertschöpfungskette, um mit minimalem Aufwand bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Der kontinuierliche Verbesserungsprozess stellt dabei Kund:innen in den Mittelpunkt, da ihre Bedürfnisse und Erwartungen definieren, was als wertschöpfend oder verschwenderisch gilt.
Lean Management kann prinzipiell überall eingesetzt werden, um Prozesse zu verschlanken. Kein Unternehmen ist perfekt, denn Fehler sind menschlich.
Vorteile durch Lean Management
Lean Management bedeutet Fokus auf das Wesentliche. Eine schlanke Organisation kann viele positive Effekte haben:
- Abbau überflüssiger betrieblicher Bürokratie
- Aufbrechen „verkrusteter“ Unternehmensstrukturen
- Verbesserung der Produkt- und Dienstleistungsqualität
- Reduzierung von Fehlern in Prozessabläufen
- Steigerung der Zufriedenheit von Kund:innen und Mitarbeitenden
- Reduzierung von Lagerbeständen im Bereich Logistik und Produktion
Prinzipien im Lean Management – Auf dem Weg zur schlanken Organisation
Was gehört alles zum Lean Management? Wie schaffen wir es, unsere Arbeitsabläufe zu verschlanken? Fünf Grundprinzipien des Lean Managements können unterschieden werden:
- Wert aus Sicht der Kund:innen definieren: Kund:innen entscheiden darüber, was wertschöpfend ist. Alles, was Kund:innen keinen direkten Mehrwert bietet, wird als Verschwendung angesehen und sollte eliminiert werden.
- Wertstrom analysieren: Der Wertstrom beschreibt den gesamten Prozess, den ein Produkt oder eine Dienstleistung durchläuft – von der Entstehung bis zur Lieferung an Kund:innen. Jeder Schritt im Prozess wird daraufhin untersucht, ob er zur Wertschöpfung beiträgt.
- Wertfluss sicherstellen: Prozesse sollten so organisiert sein, dass ein kontinuierlicher Arbeitsfluss ohne Unterbrechungen entsteht. Dies minimiert Verzögerungen und Wartezeiten im Produktionsprozess.
- Pull-Prinzip etablieren: Im Gegensatz zu einem Push-Prinzip, bei dem Produkte auf Vorrat produziert werden, reagiert ein Pull-Prinzip direkt auf Anfragen von Kund:innen. So wird nur das produziert, was tatsächlich benötigt wird.
- Perfektion anstreben: Lean Management setzt auf kontinuierliche Verbesserung. Es geht darum, die eigene Arbeit stets kritisch zu hinterfragen und nach neuen Wegen zu suchen, um Prozesse effizienter und zielgruppenorientierter zu gestalten.
Beispiele für Verschwendung (Muda)
Ein zentraler Aspekt des Lean-Denkweise ist die Vermeidung von Verschwendung, was auf Japanisch „Muda“ bedeutet. Verschwendung ist all das, was keinen Beitrag zum Wert des Produktes oder der Dienstleistung bringt. Hier sind sieben Hauptarten von Verschwendung mit Beispielen aus allen Unternehmensbereichen:
- Überproduktion: In der Produktion werden Produkte auf „auf Lager“ hergestellt, für die noch keine Aufträge vorliegen. Im Büro werden zu viele Dokumente und Berichte erstellt, bevor sie tatsächlich benötigt werden. Hinter scheinbar guter Vorarbeit können unnötige Kosten stehen.
- Wartezeiten: Verzögerungen im Arbeitsfluss, z. B. wenn Mitarbeitende auf Entscheidungen von Führungskräften warten oder wenn Bewerber:innen im Recruiting-Prozess zu lange auf eine Rückmeldung eines Unternehmen warten.
- Transporte: Dokumenten oder Dateien werden unnötig zwischen Mitarbeitenden per E-Mail oder in Person weitergegeben, obwohl es effizientere digitale Arbeitsprozesse geben könnte.
- Overengineering: Schritte im Arbeitsprozess, die unnötig komplex sind und keinen zusätzlichen Wert schaffen. Bei einer PowerPoint-Präsentation wird übermäßig viel Zeit für die Formatierung verwendet, anstatt auf Inhalte zu setzen, die für die Entscheidungsfindung relevant sind.
- Bestände: Zu hohe Lagerbestände binden Kapital und Ressourcen, ohne einen direkten Nutzen zu bringen. Ein Beispiel aus der Personalabteilung: ein Stapel an noch nicht bearbeiteten Bewerbungen sammelt sich, weil der Bewerbungsprozess ineffizient organisiert ist.
- Bewegungen: Mitarbeitende müssen immer wieder zwischen verschiedenen Softwareprogrammen oder sogar physischen Standorten hin- und herwechseln, um eine Aufgabe zu erledigen, obwohl eine Software oder ein zentraler Arbeitsplatz die Arbeit erleichtern könnte.
- Fehler und Nacharbeit: Ein:e Mitarbeiter:in in einer Bank gibt falsche Daten in ein System ein, was später zu Korrekturen führt. Oder ein Dokument wird mit falschen Informationen verschickt, was dazu führt, dass es zurückgeschickt und überarbeitet werden muss.
Methoden im Lean Management
Lean Management bietet eine Vielzahl von Methoden und Werkzeugen, um die Lean-Prinzipien in die Praxis umzusetzen. Hier sind einige der wichtigsten:
Wertstromanalyse / Value stream mapping (VSM)
Die Wertstromanalyse wird zur Visualisierung von Material- und Informationsflüssen in einer Organisation eingesetzt. Sie dient als „Landkarte der Arbeit“, um wertschöpfende und nicht-wertschöpfende Prozesse sichtbar zu machen. Diese Analyse kann als Grundlage des Lean Managements betrachtet werden. Wer Prozesse verbessern möchte, muss wissen, womit er es zu tun hat. Eine Prozesskarte erlaubt es uns,einen Überblick zu verschaffen, Fehler zu identifizieren und erste Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Grafik zeigt eine vereinfachte Darstellung. Eine Wertstromanalyse nutzt unterschiedliche Symboliken und kann viel komplexer sein. Heute gibt es professionelle Tools, die beim Erstellen einer Prozesskarte helfen.
Der PDCA-Zyklus
Der PDCA-Zyklus oder auch Demingkreis beschreibt ein Managementprinzip, dem wir alle bewusst oder unbewusst im Alltag folgen. Wenn wir etwas schaffen wollen, folgen wir intuitiv den Phasen: „Plan – Do – Check – Act“. Beim Einkauf planen wir mit einer Einkaufsliste, wir laufen zum Supermarkt und überprüfen zu Hause unsere Einkäufe. Haben wir vergessen, Brot zu kaufen, müssen wir handeln: Noch einmal losgehen oder unseren „Fehler“ morgen beheben? Diesem Rezept folgen viele Managementsysteme. Der PDCA-Zyklus ist „lean“, weil wir mit jedem Durchgehen etwas Neues dazu lernen, um unsere Prozesse zu verfeinern. In einem Unternehmen oder einem Arbeitsbereich können wir mit jedem Durchlauf neue, verbesserte Standards definieren und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einleiten.
- Infografik: Der PDCA-Zyklus im Qualitätsmanagement
5S-Methode
Wer kennt das Problem nicht? Ein unordentlicher Arbeitsplatz sorgt für Unordnung im Kopf und behindert uns bei der Arbeit. Nach der 5S-Methode sorgt ein sauberer, aufgeräumter, gut organisierter und standardisierter Arbeitsbereich zu besseren Ergebnissen. Die 5S-Methode schafft schlanke Unternehmensprozesse in fünf Schritten: 1. Sortieren, 2. Systematisieren, 3. Säubern, 4. Standardisieren und 5. Selbstdisziplin. Sie eignet sich, um den Fokus auf das Wesentliche zu gewinnen, das persönliche Zeitmanagement zu verbessern und kann hervorragend in Vorbereitung auf den PDCA-Zyklus eingesetzt werden.
Hansei
Hansei ist ein wichtiger Begriff in der japanischen Kultur, der auf Deutsch „Selbst-Reflexion“ bedeutet. Die Hansei-Philosophie betrachtet Selbstreflexion als notwendig, um eigenes Fehlverhalten anzuerkennen und sich zu bessern. Ganz nach dem Motto „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.“ In der Praxis gehört zu Hansei z. B. das Problem zu erkennen, die persönliche Verantwortung zu akzeptieren, das emotionale Verpflichtungsgefühl (den Fehler nicht auf andere schieben) und ein „Versprechen“ zur Besserung. Hansei dient weniger als Prozessmethode, sondern eher als Soft Skill für besseres Selbstmanagement. Die besten Erfolgserlebnisse sind bei Führungskräften zu erwarten, die Hansei folgen, ihren Mitarbeitern vorleben und so die Unternehmenskultur positiv beeinflussen.
Kanban
Kanban ist eine beliebtes Beispiel für agiles Arbeiten. Die Methode hat, wie das Lean Management auch, seinen Ursprung bei Toyota. Kanban bedeutet „Karte“ oder „Tafel“ – und in der Tat brauchen wir auch nicht mehr, um die Methode anzuwenden. Alle Aufgaben – ob persönliche oder die eines Teams – werden in einzelnen Karten in mindestens 3 Spalten unterteilt: „Was muss getan werden?“, „Was wird gerade bearbeitet?“ und „Was ist fertig?“. Der nächste Schritt im Kanban ist das Pull-Prinzip: Mitarbeitende können selbst entscheiden, welche Aufgaben sie erledigen möchten und sich diese eigenverantwortlich von der Kanban-Tafel ziehen. Entsteht irgendwo ein Aufgabenstau, wird dieser sofort sichtbar und Mitarbeitende können sich gegenseitig helfen. Kanban ist eine simple aber wirkungsvolle Methode.
Poka-Yoke
Poka-Yoke ist eine weitere japanische Lean-Methode, die wörtlich „unglückliche Fehler vermeiden“ bedeutet. Das Ziel von Poka-Yoke ist es, Fehler am fertigen Produkt zu vermeiden, indem menschliche Fehler bereits im Voraus beseitigt werden – durch Technik. Ein simples Beispiel aus dem Alltag ist die Kindersicherung an einer Steckdose. Das „technische Stoppschild“ kennen wir auch aus anderen Bereichen. Beim Ausfüllen eines Online-Formulars poppt eine Fehlermeldung auf, wenn eine wichtige Information fehlt – die automatische Fehlermeldung stellt sicher, dass sofort eine Korrektur stattfindet und die Informationen nicht im Nachhinein hinterfragt werden müssen. Auch mit Poka-Yoke sind kreative Ideen möglich, die über die Fertigungsbranche hinausgehen und sich im Bereich Dienstleistungen, IT, Innovationsmanagement und Marketing beweisen können. Fragen Sie sich: Wo behindern ungewollte Fehler von Kund:innen den Workflow?
Weitere Methoden und Instrumente im Bereich Lean Management
- Kaizen / KVP
- Muda, Mura, Muri (Toyota 3M Modell)
- Jidoka
- Hoshin Kanri
- Gemba
- Six Sigma (Lean Six Sigma)
- Total Quality Management (TQM)
- Total Productive Maintenance (TPM)
- A3-Report
- 8D-Bericht
Wo kann die Lean-Philosophie eingesetzt werden?
Der Ursprung der „Lean-Philosophie“ liegt im Bereich Logistik- und Produktionsmanagement. In den 50er Jahren setzte Toyota die „Lean Production“ ein, um Prozesse zu streichen, die keinen Wert für das Endprodukt haben. In diesem Kontext sind viele weitere Methoden entstanden, was die japanischen Namen vieler Lean-Management-Methoden erklärt.
Seither hat sich Lean-Denken auf andere Länder und Branchen ausgebreitet. Viele Methoden sind im Projektmanagement und im Prozess- und Qualitätsmanagement verbreitet. Warum nicht auch lean im Office Management sein? Der Verschlankung von Prozessen sind keine Grenzen gesetzt. Lean Management kann überall im Unternehmen eingesetzt werden.
Weiterbildung im Lean Management
Die Einführung einer lean Organisation in einem Unternehmen kann in der Praxis spannend, aber auch herausfordernd sein. In unseren Seminaren vermitteln wir Wissen für den praktischen Einstieg ins Lean Management. Damit legen Sie den Grundstein, um die Prozesse in Ihrem Unternehmen anzugehen. Entscheidend ist dabei, dass es kein allgemeingültiges Rezept für jedes Unternehmen gibt. Es geht um das Hineindenken in und das Kennenlernen des Lean Managements, um im nächsten Schritt, diejenigen Methoden einzusetzen, die zu Ihrem Unternehmen, Team und persönlichen Stil passen. Dafür arbeiten wir mit Trainer:innen zusammen, die ihre Expertise im Lean-Denken an Lernhungrige vermitteln – von der Praxis für die Praxis.
Seminare zum Lean Management – bundesweit für Fach- und Führungskräfte in Unternehmen
- Seminar Lean Management: Sie möchten Lean Management in der Praxis anwenden? Unser Seminar gibt einen kompakten Einstieg und Überblick von A bis Z.
- Seminar Lean Projektmanagement: Das Lean Management kann im Projektmanagement neue Wege der Verbesserung und Zielgruppenorientierung freisetzen. Unser Seminar zeigt Ihnen, welche Lean Skills im Projektmanagement zählen.